Produktionen/Theater

							
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21.11.19
Mascha Kaléko

Was man so alles überlebt...

...wunderte sich die Lyrikerin Mascha Kaléko (1907-1975) und konstatierte: ›… hat alles seine zwei Schattenseiten‹.
Die Stolpersteine des Lebens, die kleinen Alltagskatastrophen  und zu  eng gewordenen Träume konnte sie in einem Gedicht ebenso auf den Punkt  bringen wie Einsamkeit, tiefe Trauer und Überleben(-Müssen) in schwerer  Zeit. Lyrisch-satirisch philosophierte sie mit Berliner Witz, Scharf-  und Tiefsinn über die kleinen und großen Unzumutbarkeiten des Lebens.  Franziska Vondrlik und Marina Ruhl begeben sich auf  poetisch-musikalische Spurensuche und streifen durch die heiter-dunkel  leuchtende Wortwelt der M. K.



Rezension:
Von Tipp-Fräuleins und dem engen Kleid der Fremde.
Sabine Schicke (NWZ)

Bei der Premiere gab’s viel Applaus. Texte zwischen bittersüßer Melancholie und Komik. Mascha Kaléko wird nur selten in einem Atemzug mit Kurt Tucholsky und Erich Kästner genannt. Die beiden berühmt, die eine (fast) vergessen. Den Ruhm hätte sie auch verdient, die jäh 1938 von den Nazis aus ihrer geliebten Bleibtreustraße in Berlin vertrieben wurde.

Da hatte sie gerade die Feuilletons liberaler Hauptstadtblätter erobert mit ihrer Großstadtpoesie voller Witz, Spott und augenzwinkernder Melancholie. Kaléko trifft den Ton jener Zeit – vor allem für Frauen, da fehlt auch Romantik nicht (›Der Abendengel spielt mit dem Mondballon‹).

Mit der großartigen szenischen Lesung ›Was man so alles überlebt‹ in der Kulturetage erinnert die Oldenburger Schauspielerin Franziska Vondrlik an diese 1907 in Polen als Golda Malka Aufen geborene jüdische Dichterin, die 1975 in Zürich starb. Und der Abend wäre nur halb so gelungen ohne diese Musik: Marina Karlin hat nicht nur mit ihren Kompositionen die richtige Klangfarbe für Kalékos Lyrik getroffen, sie ist am Klavier und mit dem Akkordeon weit mehr als nur Begleitung für Franziska Vondrlik. Obwohl es die erste gemeinsame Produktion der beiden ist, harmonieren sie wie ein gut eingespieltes Team, ergänzen sich auch ihre Stimmen zum Timbre der gesungenen Verse: ›Wohin ich immer reise, ich fahr nach Nirgendland, die Koffer voller Sehnsucht.‹

Die Biografie Kalékos, ihr Leben in Berlin, New York, Jerusalem und Zürich gibt die Dramaturgie vor. Das Schicksal der ›Tipp-Fräuleins‹ jener Jahre nimmt sie mit ›Fräulein Siebert, zum Diktat‹ auf. Schließlich musste auch Mascha dazuverdienen, auch wenn sie schon im Romanischen Café mit Else Lasker-Schüler und anderen saß. Selbstironisch schreibt sie: ›Und nennt man die zweitbesten Namen...‹, dann sei der ihre dabei.
Die Schreibmaschine auf dem Tisch ist eine der Requisiten des von Franziska Vondrlik gestalteten Bühnenbilds. Meisen auf einem Paravent, Spatzen und ein Kauz stehen als Symbole für Kalékos Auffassung: ›Bin ein Vaterkind, der Ferne zugetan, den Zugvögeln und den Sternen.‹ Bei Kaléko kommt selbst die Schwermut beinahe leichtfüßig daher: ›Weinen ist lebensgefährlich‹ oder ›Ich muss oft Sie zu mir sagen.‹

Die ausgewählten Texte changieren zwischen heiter, spöttisch und dunkel, stehen für die Hauptthemen, die das Leben der Dichterin durchziehen: etwa jene Heimatlosigkeit, die sie umtreibt: ›Die Fremde ist ein kaltes Kleid mit engem Kragen‹. Aber auch die Liebe, besonders zu ihrem Sohn und zu ihrem zweiten Mann, dem Musikwissenschaftler Chemjo Vinaver. ›Wir sind zu zweit, was kann uns schon geschehen.‹

Kaléko hat oft geschrieben, wie ihr der Schnabel gewachsen war. Franziska Vondrlik verstärkt mit intensivem Ausdruck diese Sätze, ob sie nun komisch sind wie ›Schnurrdiburr, der Kater‹ oder lebensweise wie ›Der Tod tut nicht weh, nur das Sterben‹. Von den begeisterten Premierenbesuchern gab’s tosenden Applaus.

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